Fotografieren im Zoo

18. Dezember 2024
von fotoespresso
0 Kommentare
Abb. 1: Das Auge des Flamingos. | Olympus E-M1Mark II | M.Zuiko 300 mm F4.0 | 1/1000 Sek. | f 9,0 | ISO 200 | Stativ

von Paul M. Kornacker

Learning by doing ist ein bewährtes Motto. In freier Wildbahn aber, wenn es im entscheidenden Moment darauf ankommt, ist »doing« angesagt. Wer hier noch beim »learning« ist, verliert sein Motiv aus dem Auge, respektive Sucher, weil es dann weg ist! Und verpasst vielleicht das Bild seines Lebens! Was aber kann man tun? Üben auf einer Fotosafari im Zoo!

Abb. 1: Das Auge des Flamingos. | Olympus E-M1Mark II | M.Zuiko 300 mm F4.0 | 1/1000 Sek. | f 9,0 | ISO 200 | Stativ

Übung ist der Schlüssel zum Erfolg
Die Tierfotografie zählt sicherlich zu den anspruchsvollsten Genres innerhalb der Fotografie, erst recht, wenn es um die Wildlife-Fotografie geht. Hierzu braucht man Zeit, viel Geduld und wenn der richtige Augenblick kommt, blitzschnelles Reagieren. Um für diesen »Außeneinsatz « zu trainieren, empfiehlt es sich, Zoos oder ähnliche Einrichtungen zu besuchen. Die Tiere sind Menschen gewöhnt und so bleibt viel Zeit zum Ausprobieren und zum Einüben fotografischer Abläufe.

Zeit – Geduld – Leidenschaft
Das Fotografieren von Wildtieren in menschlicher Obhut hat seine eigenen Herausforderungen: Die Tiere befinden sich oft hinter Gittern, in Beton eingefassten Gehegen oder hinter Glas. Und, man ist dort nicht allein! Daher solltest du dir Zeit lassen und neben dem Verhalten auch die individuellen Eigenarten der Tiere, wie zum Beispiel die Laufwege oder die Lieblingsplätze beobachten sowie erkennen und geduldig auf den richtigen Moment für die Aufnahme warten. Es ist nicht ratsam, alles in einen Zoobesuch hineinzupacken. Besser, du konzentrierst dich auf einige wenige Tierarten und kommt lieber ein weiteres Mal, um Vorangegangenes zu perfektionieren oder Neues zu kreieren. In der Regel merkst du schnell, wie intensiv es sein kann, sich mit einer Art zu beschäftigen, und wie du durch Beobachten zu neuen Bildideen kommst.

Ausrüstung und Kameraeinstellungen
Um zu besonderen Bildern zu gelangen, solltest du dich vor dem Besuch gut vorbereiten. Es stellt sich dir die Frage: Mit welchen Brennweiten soll ich fotografieren? Ich fotografiere mit dem spiegellosen Micro-Four-Thirds-System (MFT) von OM-System. Damit bin ich mit einer leichten und äußerst kompakten Ausrüstung unterwegs. Die Brennweiten meiner Objektive liegen zwischen 8 mm und 400 mm (das entspricht einem Brennweitenbereich von 16 mm bis 800 mm bezogen auf ein Vollformatsystem). Mit dabei ist auch ein lichtstarkes Makroobjektiv. Im Fotorucksack enthalten sind außerdem ein 1,4-fach-Telekonverter, ein Polfilter, ein Reinigungstuch, ausreichend Ersatzakkus und Speicherkarten. Auch ein Stativ gehört zur Ausrüstung und ist bei schlechten Lichtverhältnissen sehr hilfreich.

Abb. 2: Tiere hinter Glas wie dieser Leguan stellen fotografisch immer eine Herausforderung dar.

Einige grundsätzliche Tipps
■ Fotografiere im RAW-Format: Dadurch bewahrst du dir die Möglichkeit, später am Computer optimale Ergebnisse zu erzielen.
■ Konfiguriere deine Kamera so, dass die wichtigsten Einstellungen bestimmten Tasten zugeordnet sind. So kann man bei Bedarf blitzschnell Anpassungen vornehmen.Passe die ISO-Empfindlichkeit manuell an die Lichtverhältnisse an, lass die Belichtungsautomatik abgeschaltet. Das gilt auch für alle anderen Automatiken.
■ Kontrolliere über das Histogramm der Kamera die hellen und dunklen Bildbereiche, um dann mithilfe der Belichtungskorrektur, für mich die wichtigste Kamerafunktion, die Belichtung optimal abzustimmen. So passt du das Bild an deine Bedürfnisse an (gezielte Über- oder Unterbelichtung).
■ Überprüfe mithilfe der Abblendtaste den Hintergrund auf störende Elemente und kontrolliere auf diese Weise auch deine Bildkomposition.
■ Sei mutig: Überbelichtung, Unterbelichtung, Gegenlichtaufnahmen, gewollte Unschärfe, bewusst angeschnittene Motive! Das sind keine Tabus, sondern kreative Stilmittel!
■ Vor dem Besuch eines Zoos oder ähnlicher Einrichtung, solltest du dich nach den Regeln erkundigen. Ist das Mitführen eines Stativs erlaubt und ist das Fotografieren uneingeschränkt möglich?

Schnappschuss kann jeder – Kreativität ist gefragt!
Um sich fotografisch vom üblichen Allerlei abzuheben, hier ein paar weitere Tipps:
■ Nach Möglichkeit solltest du auf Augenhöhe fotografieren und dich dabei auf die Augen des Tieres konzentrieren. Sie sind das wichtigste Element im Bild, denn hier schaut man hin! Wechsle die eigene Position so oft, bis ein natürlicher Lichtreflex im Auge erscheint: Das verleiht dem Tier Lebendigkeit.
■ Der Hintergrund: Nichts darf vom Hauptmotiv ablenken. Ist der Hintergrund zu unruhig oder enthält er störende Elemente, zerstört er das ganze Bild. Auch in solch einem Fall ist ein Positionswechsel oftmals hilfreich. Hier helfen häufig längere Brennweiten und eine größere Blendenöffnung. Dadurch verringert sich die Schärfentiefe und das Motiv wird deutlicher vor dem Hintergrund freigestellt.
■ Gitter? Maschendrahtzaun? Oh je – was jetzt? Kein Problem: Geh so nah wie möglich an den Zaun heran und versuche, durch eine Lücke im Gitter zu fotografieren. Wenn das nicht möglich ist, verwende ein Teleobjektiv, wähle eine offene Blende und fokussiere manuell, damit der Autofokus nicht versehentlich auf den Zaun scharfstellt.
■ Um kreativen Freiraum zu haben, fotografiere mit der Zeitautomatik und wähle eine offene Blende, wodurch der Schärfentiefenbereich »schmilzt« und das Motiv besser freigestellt werden kann.

Im Zoo
Zoos bieten die Möglichkeit, eine Vielzahl von Tierarten aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern zu fotografieren. Es ist sinnvoll, wenn du dich vorab im Internet über die Lage der Gehege (Zooplan) informierst und dich entscheidest, welche Arten für dich am interessantesten sind. Denn du kannst nicht alles an einem Tag fotografieren.
Es sind aber auch viele Besucher unterwegs, weshalb sich ein Besuch im Zoo vor allem unter der Woche und außerhalb der Ferienzeit anbietet. An heißen Sommertagen,
an denen die Sonne vom Himmel brennt, ist ein Zoobesuch nicht ratsam. Das macht keinen Spaß und die Tiere dösen nur träge im Schatten vor sich hin.
Anhand einiger Beispiele möchte ich meine Herangehensweise und die Umsetzung zeigen, die sich so oder ähnlich auch bei anderen Tierarten anwenden lässt.

Flamingos
Die geselligen Flamingos sind beliebte Motive, da sie farbenfroh und fotogen sind. Wenn sie nicht gerade in Gruppen stehen, sind sie in ständiger Bewegung, um mit ihrem Seihschnabel kleine rote Krebstierchen aus dem Wasser zu filtern. Diese wiederum sind verantwortlich
für die rosa Färbung des Gefieders. So schön dieses Flamingo Ballett anzuschauen ist – wer es fotografieren möchte, hat das Gefühl, vor einem Chaos zu stehen.

Abb. 3: Symmetrie | Olympus E-M1Mark II | M.Zuiko 300 mm F4.0 | 1/320 Sek. | f 6,3 | ISO 200 | Stativ

Ich benutze eine lange Brennweite und konzentriere mich auf bestimmte Details, auf einzelne Tiere, besondere Verhaltensweisen (Flamingos streiten sich sehr gerne) oder interessante Perspektiven, wie beispielsweise zwei sich kreuzende Schnäbel. Die Gefiederfarbe der Flamingos reicht von Weiß über Rosa bis Orange. Bei schlechten Lichtbedingungen können
diese Pastellfarben schnell blass wirken, während gerade die weißen Stellen bei direkter Sonneneinstrahlung ausbrennen. Daher mache ich ein Probebild und überprüfe anhand des Histogramms die korrekte Belichtung. Beim Bildaufbau achte ich auf die Umgebung der Flamingos: Wo verlaufen Absperrungen?

Abb. 4: Zwei sich kreuzende Flamingoschnäbel | Olympus E-M1Mark II | M.Zuiko 300 mm F4.0 | 1/2500 Sek. | f 4,0 | ISO 200 | Stativ

Raubkatzen
Raubkatzen zählen in jedem Tierpark zu den Hauptattraktionen und jeder möchte ein schönes Foto von ihnen mit nach Hause bringen. Doch ist das gar nicht so einfach. Ein optimaler Blick auf die Tiere ist nicht immer möglich; irgendetwas ist immer im Weg oder stört den Bildaufbau. Herrschen keine optimalen Bedingungen vor Ort, benutze ein Teleobjektiv und versuche es mit
einem eng gefassten Porträt. Die Gesichter von Raubkatzen sind hierfür geradezu prädestiniert. Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, dass sich die Tiere selten genau da befinden, wo man sie gerne hätte. Ab jetzt ist wieder Geduld gefragt, denn der Moment wird kommen!
Achte jetzt unbedingt auf den Lichteinfall, um darauf vorbereitet zu sein, beim besten Licht an der richtigen Stelle zu stehen. Und sollte es einmal regnen, dann packe bloß nicht die Kamera ein! Ich beobachte bei Regenwetter das Treiben aus einer geschützten Stellung heraus. Selbst bei Regen ergeben sich Möglichkeiten, um zu außergewöhnlichen Bildern zu gelangen.

Abb. 5: Müder Gepard | Olympus E-M1X | M.Zuiko 40-150 mm F2.8 | 1/1000 Sek. | f 4,0 | ISO 200

Ich suchte mir eine Position, von der aus die Gehege-Abgrenzungen kaum oder gar nicht zu erkennen waren. Bei dem Gepard konnte ich durch eine tiefere Kameraposition das Tier so ins Bild platzieren, dass alles »Unnatürliche« ausgeblendet wurde. Mithilfe einer langen Brennweite und einer offenen Blende konnte ich den Gepard besser vom Hintergrund isolieren. Das seitlich
einfallende Licht wirkte zudem wie ein Spot und verstärkte dadurch den Charakter der Raubkatze. Den Bildausschnitt wollte ich dabei nicht zu eng wählen, um dem Motiv unbedingt Platz zum »Atmen« lassen.

Abb. 6: Gepard in saftigem Grün | Olympus E-M1X | M.Zuiko 300 mm F4.0 | 1/400 Sek. | f 4,0 | ISO 640
Abb. 7: Entspannt | Olympus E-M1X | M.Zuiko 300 mm F4.0 | 1/250 Sek. | f 3,5 | ISO 200 | 1/1000 Sek. | f 4,0 | ISO 200

Hominiden
Unsere nächsten Verwandten sind ganz besondere Motive. Ihr Verhalten gleicht oft dem unsrigen und so werden Parallelen sehr schnell erkennbar. Speziell solche Verhaltensweisen lassen sich fotografisch wunderbar umsetzen und erzeugen beim Betrachter gesteigerte Emotionen.

Abb. 8: Silberrücken | Olympus E-M1X | M.Zuiko 40–150 mm F2.8 | 1/100 Sek. | f 4,0 | ISO 320

Dieses Gorillamännchen habe ich bewusst durch einen Busch hindurch fotografiert, um so den Eindruck von »Wildlife« zu erzeugen. Ich wartete einen der selteneren Momente ab, als sich das Tier zu mir umdrehte und ich diesen Blick einfangen konnte, der eher Traurigkeit vermittelt. Durch die offenere Blende konnte ich die zahlreichen störenden Elemente im Hintergrund weitestgehend ausblenden und dieses, für mich intime Bild entstehen lassen.

Eulen
Eulen gehören zu den Tierarten, die im Zoo mit am schwierigsten zu fotografieren sind, leben sie doch zumeist in Volieren, das heißt, hinter einem Maschendrahtzaun. Gute Bilder gelingen nur, wenn man die Möglichkeit hat, nahe an das Gehege heranzukommen. Eine lange Brennweite bei offener Blende hilft, die störenden Drähte unsichtbar zu machen. Oftmals bleibt auch nur ein Ausschnitt als letzte Wahl, so wie beim Habichtskauz, der sich zu nahe am Drahtzaun aufhielt.

Abb. 9: Habichtskauz (Strix uralensis) | OM-1 | M.Zuiko 150–400 mm F4.5 | 1/100 Sek. | f 5,0 | ISO 3200

Anders beim Bartkauz (Abb. 10), den ich durch Blätter hindurch fotografieren konnte, sodass der Eindruck entsteht, er wäre in freier Wildbahn fotografiert worden.

Abb. 10: Bartkauz (Strix nebulosa) | Olympus E-M1X | M.Zuiko 300 mm F4.0 | 1/160 Sek. | f 4,5 | ISO 320

Reptilien
Tiere hinter Glas stellen beim Fotografieren immer eine besondere Herausforderung dar. Besonders störend sind Spiegelungen oder Menschen im Hintergrund. Oft ist man aber selbst Grund des Ärgernisses, nämlich wenn man die falsche Kleidung trägt! Diese sollte dunkel sein und keine hellen Aufdrucke haben! Ansonsten könnte ein ungewolltes Selfie dabei herauskommen. Aber das Wichtigste ist: kein Blitz! Der macht wegen der Glasscheiben ohnehin keinen Sinn und hat in einem Zoo grundsätzlich nichts zu suchen. Terrarien sind oft mit unterschiedlichen Lampentypen ausgestattet, die unterschiedliche Lichtspektren aufweisen. Das ist kein Problem, wenn man im RAW-Format fotografiert. Der Weißabgleich lässt sich später am Computer optimal korrigieren.
Die Hornviper in Abb. 11 habe ich bei mittlerer Blende fotografiert. Dadurch verteilte sich der Schärfebereich so weit im Bild, dass die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Augen gelenkt wurde, aber noch mehr Detailreichtum des Kopfes zu erkennen war. Die Unschärfe im übrigen Bild verstärkte diesen Eindruck.
Um der Schlange mehr Lebendigkeit zu verleihen, war es mir besonders wichtig, einen Lichtreflex im Auge des Tieres zu platzieren. Deshalb habe ich eine Kameraposition gewählt, bei der sich die Deckenlampen in den Augen spiegeln konnten.

Abb. 11: Hornviper (Cerastes cerastes), fotografiert in einem Reptilienzoo. | Olympus E-M1X |
M.Zuiko 60 mm F2.8 | 2 Sek. | f 7,1 | ISO 400 | Stativ


Paul Kornacker ist Biologe, Naturschützer und Naturfotograf. Seine große Leidenschaft ist die Herpetologie (die Lehre der Amphibien und Reptilien), die er seit Jahrzehnten sowohl wissenschaftlich als auch populärwissenschaftlich ausübt. Viele, mitunter lange Auslandsreisen in teils noch unberührte Naturlandschaften haben seinen Blick für den Reichtum und die Zerbrechlichkeit der Natur auf unserer Erde geschärft. Mit seinen Fotos wirbt Paul Kornacker für einen respektvollen und umsichtigen Umgang mit der Natur und möchte auf ihre Einzigartigkeit aufmerksam machen. Paul Kornacker ist Vollmitglied der Gesellschaft für Naturfotografie (GDT), Mitglied des Naturfototreff Eschmar und OM-System Ambassador. Bei nationalen und internationalen Fotowettbewerben wurde er mehrfach ausgezeichnet (Naturfotograf des Jahres 2014). Seine Bilder präsentiert er in Ausstellungen, Multivisionsschauen und Publikationen, sein Wissen vermittelt er als Fototrainer in Workshops und auf Fotoreisen.
www.pkornacker.de
www.instagram.com/kornackerpaul/

Teile mit deinen Freunden:
Einen Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Ähnliche Artikel
Neuesten Beiträge
Kategorien