von Gerhard Rossbach
Fotoprojekt: Nur eine Brennweite
von Gerhard Rossbach
Egal ob mit der Kompakt-, Bridge- oder Spiegelreflexkamera – die meisten Fotografen sind mit einem Zoomobjektiv unterwegs. Diese sind ungemein praktisch, sie vereinen gleich mehrere Brennweiten in sich und mit einem schnellen Dreh verändern Sie den Bildwinkel. Allerdings haben sie auch ein paar Nachteile – Grund genug, sich einmal auf ein spannendes Experiment einzulassen…
Zoomobjektive sind vor allem eines, sie sind bequem. Als Fotograf brauchen Sie sich nicht zu bewegen, um den Bildausschnitt zu erhalten, den Sie wollen. Darüberhinaus können Sie den jeweiligen Bildwinkel stufenlos einstellen und wissen meist nicht einmal, welche Brennweite Sie gerade verwenden.
Jede Brennweite – oder eigentlich richtiger: Jeder Bildwinkel – hat aber seine ganz bestimmte Art und Weise, die Realität in Ihrer Kamera abzubilden. Das fängt schon damit an, wie viel Motiv überhaupt mit auf das Bild kommt. Dazu gehören aber auch die Verzeichnung, der Vergrößerungsfaktor, die Größenverhältnisse verschieden weit entfernter Motive oder die Art, Schärfe und Unschärfe oder Räumlichkeit abzubilden. Das alles muss zu dem jeweiligen Motiv, zu der jeweils gewünschten Wirkung des Bildes passen. Deswegen ist nicht jedes Motiv ist für jedes Objektiv gleichermaßen geeignet – und andersrum. Dementsprechend ist es für einen Fotografen sehr wichtig, die Besonderheiten seiner Objektive genau zu kennen, um sie gezielt einsetzen zu können.
Deswegen sollten Sie sich ruhig einmal auf ein ganz bestimmtes Fotoprojekt einlassen: Setzen Sie sich eine Zeitspanne und fotografieren Sie in dieser ausschließlich mit einer einzigen Brennweite. Ob das nur ein Tagesausflug lang ist oder ein Urlaub oder ein ganzer Monat, bleibt Ihnen überlassen. Nur sollte die Zeit lang genug sein, dass Sie die Einschränkung bewusst erleben. Welche Brennweite das ist, bleibt ebenfalls Ihnen überlassen. Sie können dazu eine Festbrennweite nutzen oder Ihr Zoom mit Klebeband auf eine Einstellung arretieren.
Ziel dieses kleinen Projekts ist, den jeweiligen Bildwinkel und seine gestalterischen Auswirkungen genauer kennenzulernen. Dafür ist es hilfreich, den bequemen Pfad einmal zu verlassen. Mit nur einer Brennweite an der Kamera gewöhnt sich das Auge relativ schnell an diesen Bildwinkel und Sie sehen immer mehr und irgendwann fast ausschließlich für diese Brennweite geeignete Motive. Wenn Sie zwischendurch die entstandenen Bilder am Rechner aussortieren und dabei kritisch die Wirkung des Objektivs betrachten, schärft sich Ihr Auge ganz unweigerlich noch mehr für die dazu passenden Motive.
Einfacher lernen Sie das Sehen in verschiedenen Bildwinkeln mit keiner anderen Technik. Deswegen sollten Sie dieses Projekt beizeiten auch mit verschiedenen anderen Brennweiten wiederholen.